Ein arbeitsgerichtliches Verfahren in Deutschland kann für Arbeitnehmer und Arbeitgeber gleichermaßen komplex und nervenaufreibend sein. Besonders wenn es um Kündigungsschutzklagen geht, ist es wichtig, die verschiedenen rechtlichen Aspekte und Folgen eines solchen Verfahrens zu kennen.
In diesem Artikel erklärt Frau Dr. Julia Friemel, Fachanwältin für Arbeitsrecht, die wichtigsten rechtlichen Fragestellungen einer Kündigungsschutzklage, die Arbeitnehmer berücksichtigen sollten.

Dr. Julia Friemel berät Arbeitnehmer und mittelständische Unternehmen in allen Fragen des Arbeitsrechts
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Wie hoch sind die Kosten eines arbeitsgerichtlichen Verfahrens?
Inhalt des Artikels
- Wie hoch sind die Kosten eines arbeitsgerichtlichen Verfahrens?
- Was sind die Voraussetzungen für eine Kündigungsschutzklage?
- Wie sind die Erfolgsaussichten einer Kündigungsschutzklage?
- Müssen Arbeitgeber eine Abfindung zahlen?
- Was sind die Folgen einer gewonnenen oder verlorenen Kündigungsschutzklage?
- Der Podcast von Outplacement-Consultings.de
Die Kosten eines arbeitsgerichtlichen Verfahrens setzen sich in der Regel aus Gerichtskosten und Anwaltskosten zusammen. Diese richten sich nach dem Streitwert, der in Kündigungsschutzverfahren üblicherweise das Dreifache des monatlichen Bruttogehalts beträgt. Im erstinstanzlichen Verfahren vor dem Arbeitsgericht trägt – im Gegensatz zu sonst – jede Partei ihre eigenen Anwaltskosten selbst, unabhängig vom Ausgang des Verfahrens (§ 12a ArbGG).
Die Gerichtskosten entstehen erst, wenn der Rechtsstreit nicht durch Vergleich endet. Hier gilt wie vor jedem Gericht: Wer den Prozess verliert, zahlt die Gerichtsgebühren. Wer den Prozess gewinnt, zahlt keine Gerichtsgebühren.
Die Gesamtkosten eines arbeitsgerichtlichen Verfahrens können je nach Komplexität und Dauer des Verfahrens erheblich variieren. Es ist wichtig, dass beide Parteien das Kostenrisiko sorgfältig abwägen und gegebenenfalls prüfen, ob eine Rechtsschutzversicherung besteht, die einen Teil oder die gesamten Kosten übernimmt. Zudem kann es ratsam sein, sich vorab über die Möglichkeit einer Prozesskostenhilfe zu informieren, falls die finanziellen Mittel für die Prozessführung nicht ausreichen.
Was sind die Voraussetzungen für eine Kündigungsschutzklage?
Will ein Mitarbeiter geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Formal ist zu beachten, dass die Klage schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle des Arbeitsgerichts gegeben werden muss.
ACHTUNG: Werden diese Voraussetzungen nicht beachtet, wird auch eine sozial nicht gerechtfertigte Kündigung wirksam.
Wie sind die Erfolgsaussichten einer Kündigungsschutzklage?
Die Erfolgsaussichten einer Kündigungsschutzklage hängen maßgeblich von den Voraussetzungen des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) ab. Das KSchG findet Anwendung, wenn das Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen länger als sechs Monate bestanden hat (§ 1 KSchG) und der Betrieb in der Regel mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt (§ 23 KSchG). Wenn das KSchG Anwendung findet, muss eine Kündigung sozial gerechtfertigt sein, um ein Arbeitsverhältnis zu beenden. Das heißt, es müssen personenbedingte, verhaltensbedingte oder betriebsbedingte Gründe für die Kündigung vorliegen (§ 1 Abs. 2 KSchG).
Personenbedingte Kündigung
Eine personenbedingte Kündigung ist dann gerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer aus Gründen, die in seiner Person liegen, nicht mehr in der Lage ist, seine vertraglichen Pflichten zu erfüllen. Typische Gründe können langanhaltende Krankheit, fehlende fachliche Qualifikation oder dauerhafte Leistungsunfähigkeit sein.
Verhaltensbedingte Kündigung
Eine verhaltensbedingte Kündigung setzt ein schuldhaftes Verhalten des Arbeitnehmers voraus, das eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar macht. Hierzu zählen beispielsweise wiederholte Verletzung von arbeitsvertraglichen Pflichten, Arbeitsverweigerung oder die Verletzung von betrieblichen Anweisungen oder Regeln. Vor einer verhaltensbedingten Kündigung muss in der Regel eine Abmahnung erfolgen, um dem Arbeitnehmer die Möglichkeit zu geben, sein Verhalten zu ändern.
Betriebsbedingte Kündigung
Eine betriebsbedingte Kündigung liegt vor, wenn dringende betriebliche Erfordernisse vorliegen, die den Wegfall des Arbeitsplatzes zur Folge haben und der betroffene Mitarbeiter auch nicht auf einem anderen Arbeitsplatz weiterbeschäftigt werden kann. Dies kann z.B. der Fall sein bei Betriebsschließungen oder Umstrukturierungs- oder Rationalisierungsmaßnahmen. Der Arbeitgeber muss darüber hinaus eine umfassende Sozialauswahl treffen, das heißt, er muss prüfen, welche Arbeitnehmer sozial am wenigsten schutzwürdig sind und deren Kündigung deshalb am ehesten gerechtfertigt ist.
Müssen Arbeitgeber eine Abfindung zahlen?
Trotz der gängigen Praxis, Beschäftigten bei betriebsbedingten Kündigungen oder Aufhebungsverträgen eine Abfindung zu zahlen: Ein genereller gesetzlicher Anspruch darauf existiert nicht. Zumeist wird die Abfindung vom Arbeitgeber freiwillig oder nach gerichtlicher Entscheidung gezahlt. Auch wenn Arbeitgeber und Betriebsrat einen Sozialplan aushandeln, muss dieser nicht zwingend Abfindungen für die Mitarbeitenden vorsehen.
Der Gesetzgeber sieht in § 1a KSchG quasi ausnahmsweise einen Anspruch auf Abfindung vor, wenn das Unternehmen aus betriebsbedingten Gründen kündigt und der Mitarbeiter bis zum Ablauf der Frist des § 4 KSchG keine Kündigungsschutzklage erhebt. Jedoch setzt dies voraus, dass das Unternehmen in der Kündigungserklärung darauf hinweist, dass die Kündigung auf dringende betriebliche Erfordernisse gestützt ist und der Arbeitnehmer bei Verstreichenlassen der Klagefrist die Abfindung beanspruchen kann.
Dies zeigt, dass der Arbeitgeber ein Wahlrecht hat, ob er mit der betriebsbedingten Kündigung eine Abfindungszahlung für den Fall des „Klageverzichts“ anbieten will. Die Regelung des § 1a KSchG begründet also auch keinen unabdingbaren Mindestanspruch auf eine Abfindung. Die Höhe der Abfindung ist gesetzlich geregelt in § 1a Abs. 2 KSchG und beträgt einen halben Monatsverdienst für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses.
Anders ist es bei Verhandlungen über eine einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Mit einem Aufhebungsvertrag vereinbaren Arbeitgeber und Arbeitnehmende gemeinsam die Auflösung des Arbeitsverhältnisses. Dabei sieht ein solcher Beendigungsvertrag oft die Zahlung einer Abfindung vor. Verpflichtend ist das aber nicht. Wird der Aufhebungsvertrag auf Veranlassung des Mitarbeiters geschlossen, weil dieser zum Beispiel schnell eine neue Stelle antreten will, gibt es keinen Grund für den Arbeitgeber, eine Abfindung zu zahlen. Die Höhe der Abfindung im Aufhebungsvertrag kann frei verhandelt werden. Eine gesetzliche Regelung besteht nicht.
In der sogenannten Güteverhandlung regt das Gericht häufig von sich aus einen Vergleich an, in dem eine Abfindungszahlung vereinbart werden kann. Ein Vergleich kann für beide Parteien vorteilhaft sein, da er eine schnelle und einvernehmliche Lösung des Rechtsstreits ermöglicht und die Kosten eines langwierigen Verfahrens vermeidet. Auch hier gibt es keine gesetzliche Regelung über die Höhe einer Abfindung. Die Höhe der Abfindung im Aufhebungsvertrag wird grundsätzlich frei verhandelt. Maßgeblich ist dabei natürlich auch die Frage, welches arbeitsrechtliche Risiko auf Unternehmens- bzw. Mitarbeiterseite besteht. Häufig wird die Faustformel halber Bruttomonatsverdienst für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses herangezogen.
Was sind die Folgen einer gewonnenen oder verlorenen Kündigungsschutzklage?
Wenn das Kündigungsschutzverfahren nicht durch einen Vergleich beendet werden kann, ergeht durch das Arbeitsgericht ein Urteil. Wenn darin die Kündigungsschutzklage abgewiesen wurde, bedeutet das, dass der Mitarbeiter das Verfahren in der ersten Instanz verloren hat. Das Arbeitsverhältnis ist dann durch die Kündigung beendet. Jedoch besteht Möglichkeit, gegen das erstinstanzliche Urteil Berufung einzulegen.
Wenn das Arbeitsgericht feststellt, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die vom Arbeitgeber ausgesprochene Kündigung beendet wurde, besteht das Arbeitsverhältnis unverändert weiter. Das Unternehmen ist dann auch grundsätzlich verpflichtet, trotz ausgebliebener Arbeitsleistung während des Verfahrens die arbeitsvertraglich vereinbarte Vergütung zu zahlen.
DR. JULIA FRIEMEL | Arbeitsrecht am Ammersee
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Fachanwältin für Arbeitsrecht | Mediatorin | Systemischer Coach | Dozentin
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